• Vom Eise befreit  sind Strom und Bäche 

     

    Vor dem Tor

    Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
    Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
    Im Tale grünet Hoffnungsglück;
    Der alte Winter, in seiner Schwäche,
    Zog sich in rauhe Berge zurück.
    Von dort her sendet er, fliehend, nur
    Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
    In Streifen über die grünende Flur.
    Aber die Sonne duldet kein Weißes,
    Überall regt sich Bildung und Streben,
    Alles will sie mit Farben beleben;
    Doch an Blumen fehlts im Revier,
    Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

    Kehre dich um, von diesen Höhen
    Nach der Stadt zurück zu sehen!
    Aus dem hohlen finstern Tor
    Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
    Jeder sonnt sich heute so gern.
    Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
    Denn sie sind selber auferstanden:
    Aus niedriger Häuser dumpfen Gemächern,
    Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
    Aus dem Druck von Giebeln und Dächern,
    Aus der Straßen quetschender Enge,
    Aus der Kirchen ehrwürdiger Nacht
    Sind sie alle ans Licht gebracht.

    Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
    Durch die Gärten und Felder zerschlägt,
    Wie der Fluß in Breit und Länge
    So manchen lustigen Nachen bewegt,
    Und, bis zum Sinken überladen,
    Entfernt sich dieser letzte Kahn.
    Selbst von des Berges fernen Pfaden
    Blinken uns farbige Kleider an.
    Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
    Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
    Zufrieden jauchzet groß und klein:
    Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein!

     

    (Johann Wolfgang von Goethe, Faust I)

     


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  • Ein Buch, dass ich nicht weiterlesen und auch nicht aufbewahren werde:

    Die Giraffe von Marie Nimier.

    Die GiraffeIch besitze die Übersetzung, nicht das Original. aber daran liegt es nicht. Das Buch steht schon eine Weile im Regal herum und war vermutlich mal in einem Bücherpaket. Suhrkamp spricht für Qualität, und in der Tat ist Marie Nimier eine sehr produktive und preisgekrönte Autorin.
    Das Buch liest sich ganz locker, es ist der Inhalt, der mich immer mehr abstößt, je weiter ich lese. Auf Seite 57 habe ich Schluss gemacht, was auch immer noch kommen mag, ich will es nicht wissen und finde auch keine Bezugspunkte in der Realität.

    Der Protagonist und Ich-Erzähler ist Joseph, ein schmächtiger 19jähriger, der schon zu Beginn unsympathisch wirkt, weil manipulativ und mit einem krankhaften, überwiegend sadistischen Verhältnis zu Tieren.
    Als er für einen Tiergarten in Paris eine Giraffe im Hafen von Marseille abholen soll, erregt ihn der faulige Gestank ihrer Exkremente. Der erste Satz im Roman legt nahe, dass er die Giraffe später tötet, ohne dass jemand den Mord realisiert.
    Danach geht es im Zoo weiter mit Voyeurismus, Masturbation, angedeuteter Pädophilie und Pornographie, aber alles irgendwie absurd. Mir erscheinen diese Szenen als Selbstzweck, was auch immer die Autorin sich dabei gedacht hat, es war keine gute Idee, denke ich. Aber ich habe jetzt einen freien Platz im Regal. Will jemand das Buch?


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  • Den Büchner-Preis 2020 erhält Elke Erb, deren Namen ich bisher nur marginal gehört hatte, dabei ist sie jetzt schon 82, der Preis kam für sie wohl nicht zu früh. Liegt es daran, dass sie in der DDR lebte, obwohl in der Eifel geboren? Allerdings ist es nicht ihr erster Preis, so bekam sie zum Beispiel 1994 die Rahel-Varnhagen-von-Ense-Medaille.

    Ich habe heute ein paar ihrer Gedichte gelesen und sogar Unterrichtsmaterial für meinen neuen Leistungskurs gefunden zum Thema "Unterwegs sein".

    Wenn Erb sich ein bisschen mit dem lyrischen Ich identifiziert, ist dies eine Kindheitserinnerung aus der Eifel.

    Wolken darüber. ich weiß nur das eine

    Algarve 16. August 1977Ich gehe neben dem Rad.
    Der Wagen ist höher als ich.
    Er fährt eine hohe Fracht.

    Dahinter die Giebel stehn
    zart mit der Luft.

    Sie schließen die Dächer.

    So steigt es rechts von mir weiter.
    Dann endet es, aber rechts vorn
    ragt der Kastanienbaum.

    Ein Landweg, im Dorf, eine
    Dorfstraße, unsere.

    Die Fuhre fährt hinaus.
    Der Fuhrmann auf seinem Kutschbock?
    Blickt lustig. Die Ochsen blicken wie Ochsen.

    Ich blicke ernst.
    Wer entgegen kommt, sieht es.

    Ich bin eine Achtjährige.
    Der Fuhrmann - im Alter des Fuhrmanns.
    Die Ochsen sind ihr Teil Ochsen.

    Neben meiner Schläfe rechts
    das Trapez der hölzernen Wagenwand.

    Links - nichts, der Garten; entfernt,
    wo er endet, das Elternhaus.

    Ich gehe mit der Fracht.
    Der Fuhrmann blickt verschmitzt.
    Unter dem Mützenschirm

    die ewigen Lachfältchen.

    Ich bleibe neben dem Rad,
    als sei ich es, die ab und zu
    achtsam die Zügel bewegt.

    Unter den Schwingen, was ist.
    Ein sachter Flug.

     

    30.11.1997 / 23.1.1998


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  • Eine meiner liebsten Krimiserien war die Inspektor Jury-Reihe, bis Martha Grimes anfing, komische Bücher mit seltsamen Tierschützerinnen zu schreiben und Jury zu vernachlässigen.

    Auf nach England!Ich hatte alle Jury-Romane gelesen und mir den Ankauf mit einer Freundin geteilt, Am Schluss teilten wir auch die Beute auf, so dass ich nicht alle Bücher habe. In Kanada habe ich mir einige dann auf Englisch nachgekauft, das Problem war allerdings die Übersetzung der Titel. Die Originaltitel beinhalten immer Namen von Wirtshäusern, während im Deutschen die Titel fast ohne Bezug zum Inhalt heißen "Inspektor Jury tut dies und das".

    Nun hat Grimes sich doch wieder der Jury-Reihe zugewandt und ich habe mir sofort die gebundene Ausgabe von "Inspektor Jury und die Frau in Rot" gekauft. Herbe Enttäuschung, es ist wie Tee aus Blättern, die schon einmal aufgebrüht wurden. Ich habe das Buch dann auch der Freundin mit der anderen Hälfte unsere Jury-Romane geschenkt.

    Nun bin ich doch dabei, die alten Bücher wieder zu lesen, diesmal in der richtigen Reihenfolge. Es macht auch Spaß, aber ein paar Dinge fallen mir nun verstärkt auf, zum Beispiel, wieviel in den Romanen geraucht und getrunken wird, ohne dass die Hauptpersonen jemals betrunken oder die Räume verqualmt wären.

    Wie gut, dass ich mich nicht erinnern kann, wer jeweils der Mörder war.


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    FerienlektüreEine überaus belesene Freundin machte mich kürzlich auf Mechtild Borrmann aufmerksam, deren Kriminalromane in Kleve und sogar Kranenburg spielen. Trotzdem sind es keine Regionalromane und auch sehr viel mehr als Kriminalromane. Ich habe mir also zuerst das Buch geholt, das in Kranenburg spielt, sogar Nütterden wird erwähnt. Die Autorin kennt sich da aus, sie ist in Kleve aufgewachsen. Wahrscheinlich hat sie zwei Jahre nach mir an der gleichen Schule Abitur gemacht, ich muss das mal recherchieren.

    Also, das Buch heißt "Wer das Schweigen bricht", und ich habe damit begonnen wegen Kranenburg, wegen des Themas und weil es den deutschen Krimipreis bekommen hat. Danach habe ich noch "Mitten in der Stadt" gelesen und habe mir gestern das nächste Buch in meiner Kranenburger Buchhandlung geholt: "Morgen ist der Tag nach gestern".

    Im November kommt Mechtild Borrmann nach Goch zu einer Lesung, da würde ich sie gern kennenlernen. Über ihre Arbeit hat sie sich ausführlich in einem Interview geäußert.

    "Rompre le silence" habe ich jetzt einem französischen Freund geschenkt, der heute Geburtstag hat und der oft bei mir in Kranenburg war. Manchmal liebe ich Amazon.


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